Soziale Netzwerke im Internet haben sich zum zentralen Kommunikationsort einer ganzen Generation entwickelt. Fotos, Videos, Musik, Texte – alles wird veröffentlicht. Verantwortlich dafür ist jeder Nutzer selbst. Und eine Auseinandersetzung mit dem Persönlichkeits- und Urheberrecht ist unabdingbar, will man es nicht auf eine Abmahnung anlegen.
Das eigene Profil bei Facebook, Google Plus, Wer-kennt-wen und anderen ist für Millionen Nutzer inzwischen Ausweis einer neuen digitalen Identität. Es dauert nur wenige Minuten, bis man sich angemeldet hat und der Account freigeschaltet ist. Das Web 2.0 lebt dabei von Inhalten – Texte, Fotos, Videos oder Musikdateien –, die von den Nutzern selber erstellt werden (user generated content). Die Anbieter stellen lediglich die technische Plattform zur Verfügung. Die Nutzer werden dadurch – meist ohne sich darüber bewusst zu sein – auch rechtlich für ihr Handeln verantwortlich. Vor allem kommt es immer wieder zu Verstößen gegen das Persönlichkeits- und gegen das Urheberrecht. Soziale Netzwerke bieten große Vorteile – aber auch handfeste rechtliche Risiken.
Diese sind hier aus zwei Gründen besonders groß. Zum einen sind die Rechtsfragen im Bereich des Urheber- und Persönlichkeitsrechts häufig komplex und können von juristischen Laien kaum beantwortet werden. Es ist schwierig, im Internet alle Regeln einzuhalten. Zum anderen sind Rechtsverletzungen im Netz problemlos aufzuspüren und können daher leicht verfolgt werden. Das gilt sowohl für offene als auch für vermeintlich geschlossene Bereiche von sozialen Netzwerken. Mit der Anonymität ist es im Internet weniger weit her, als angenommen wird, da Rechtsverletzer zum Beispiel über die IP-Adresse des Computers ausfindig gemacht werden können. Folgende Hinweise sollen helfen, sich im juristischen Dickicht zurechtzufinden.
Schutz persönlicher Interessen im Netz: Was sind allgemeine Persönlichkeitsrechte?
Nach dem Grundgesetz hat jeder das Recht auf eine freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt. Dieses „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ hat viele Facetten. Es gibt vor, dass es Datenschutzrechte gibt, also dass nicht jeder beliebig personenbezogene Daten anderer erheben, speichern und verwenden (etwa veröffentlichen) darf.
Es enthält das Recht am eigenen Bild, wonach jeder selbst entscheiden kann, ob und unter welchen Bedingungen jemand anderes Abbildungen der eigenen Person verbreiten oder veröffentlichen darf. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch den Schutz der Ehre (weshalb etwa Beleidigungen verboten sind), des gesprochenen Wortes und allerhand mehr.
Der hinter all diesen Persönlichkeitsrechten stehende Grundgedanke lautet, dass andere nicht ungefragt in die Öffentlichkeit gezogen werden dürfen. Natürlich gibt es Ausnahmen, vor allem, wenn es darum geht, dass andere grundrechtliche Güter nicht gewährleistet wären. So wäre die Presseberichterstattung über Bestechungsskandale oder Steuerhinterziehung unmöglich, wenn die potenziellen Rechtsbrecher um Erlaubnis gefragt werden müssten, bevor Hintergrundberichte veröffentlicht werden. In solchen Fällen muss der Betroffene daher ausnahmsweise nicht zustimmen.
Rechtlich gilt: Die Privatsphäre anderer ist zu respektieren!
All diese Rechte gelten natürlich auch im Internet. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es um Inhalte geht, die auf einer „normalen“ Webseite oder in einem sozialen Netzwerk zu finden sind. Entscheidend ist, dass andere – das heißt in aller Regel im Rechtssinn „die Öffentlichkeit“ – die Möglichkeit haben, diese Inhalte zu sehen oder zu lesen.
Die geschützte Privatsphäre von anderen zu verletzen, geht ganz schnell. Schnell sind die Partyfotos oder das letzte Video mit feiernden und betrunkenen Freunden und Bekannten bei Facebook veröffentlicht. Erlaubt ist das aber nicht. Denn das Recht am eigenen Bild besagt, dass die abgebildeten Personen um Erlaubnis gefragt werden müssen, bevor Fotos von ihnen online gestellt werden dürfen. Nur in ganz wenigen Fällen, beispielsweise wenn es sich um Bilder von Politikern oder Stars handelt oder das Bild eine größere Menschenmenge wie ein Rockkonzert oder eine Demonstration zeigt, kann es ohne Zustimmung erlaubt sein, Personenabbildungen ins Netz zu stellen. In allen anderen Fällen müssen die abgelichteten Personen grundsätzlich ihr Einverständnis geben.
Das hat seinen guten Grund. Nicht jeder findet es witzig, wenn er nach einer Partynacht feststellen muss, dass sein ganzes Freundesnetzwerk schon bei Facebook die skandalträchtigen Bilder anschauen kann. Der Weg von der allgemeinen Belustigung auf Kosten einzelner bis zum Cyber-Mobbing ist kurz. Deshalb: Je intimer (vielleicht auch: peinlicher) die Fotos oder Videos, desto eher hat man vor der Veröffentlichung zu fragen!
Was tun als Opfer?
Wenn man – ohne vorher gefragt worden zu sein – Bilder von sich in sozialen Netzwerken oder anderswo im Internet findet, hat man einen rechtlichen Anspruch darauf, dass sie entfernt werden. Man muss dabei nicht sofort einen Anwalt einschalten. Oftmals stellen vor allem Kinder und Jugendliche leichtfertig viele Bilder ins Netz und es reicht meistens aus, dem Inhaber des jeweiligen Profils oder Fotoalbums eine kurze E-Mail zu schreiben und um Entfernung zu bitten. Dabei ist allerdings auch wichtig, dass man eine Frist setzt (zum Beispiel drei Tage oder eine Woche), bis zu der das Foto entfernt sein sollte.
Eine andere Möglichkeit, vermeintliche oder tatsächliche Rechtsverstöße in einem sozialen Netzwerk zu melden, ist, mit dem Dienstanbieter direkt Kontakt aufzunehmen. Denn auch die Anbieter sind, nachdem sie auf einen möglichen Rechtsverstoß hingewiesen worden sind, verp?ichtet, diese rechtswidrigen Inhalte zu löschen. Die Betreiber von vielen sozialen Netzwerken haben sich dafür auch selbst verp?ichtet, entsprechende Beschwerdemöglichkeiten anzubieten. Meist gibt es daher eine spezielle Kontaktadresse, „Melde-Buttons“ direkt neben den Bildern sowie einen Ansprechpartner.
Nächster Schritt: Rechtsanwalt aufsuchen
Was man machen sollte, wenn der andere auf eine E-Mail nicht reagiert oder der Betreiber nicht oder nicht schnell genug handelt, hängt vielleicht gar nicht so sehr von der Rechtslage, sondern erst einmal stark davon ab, wie intim, wie störend, unangenehm oder dreist die Persönlichkeitsrechtsverletzung ist. In wirklich gravierenden Fällen wird man dann häufig nicht umhin kommen, einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin aufzusuchen und ein „offizielles“ Schreiben mit klaren Aufforderungen verschicken zu lassen. Zum Beweis der Rechtsverletzung ist es wichtig, immer einen Screenshot der Profilseite beziehungsweise des Fotoalbums zu erstellen und zu speichern.
Das geht nicht nur ganz einfach (zum Beispiel unter Windows mit der Taste „Druck“ in die Zwischenablage speichern und mit „Strg“ + „v“ in ein Bildbearbeitungsprogramm oder in ein Textverarbeitungsprogramm wie Word oder Open Office einfügen), sondern gibt auch die Möglichkeit, dass der Rechtsanwalt eine mögliche Rechtsverletzung besser überprüfen kann. Man sollte auch keine Scheu haben, sich rechtliche Unterstützung zu besorgen. In Branchenbüchern oder im Internet finden sich viele auf Internet-, Persönlichkeits- oder Urheberrecht spezialisierte Anwälte. Diese kann man einfach mal anrufen oder ihnen eine E-Mail schreiben. Am Telefon nach den Anwaltskosten zu fragen, kostet nichts. Meist ist auch eine anwaltliche Erstberatung nicht teuer. Dies sollte man dann aber immer im Einzelfall erfragen.
Zahlen muss der Schuldige
Grundsätzlich gilt, wer einen Anwalt beauftragt, für ihn tätig zu werden, muss diesen bezahlen. Gewinnt man später ein mögliches Gerichtsverfahren, so muss der Rechtsverletzer diese Kosten übernehmen. Meist kommt es aber bei Rechtsstreitigkeiten im Internet gar nicht soweit. In den meisten Fällen verschickt der Anwalt eine sogenannte Abmahnung, in der er zur sofortigen Entfernung der Inhalte auffordert. Zudem verschickt er eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“.
Das bedeutet, dass der Rechtsverletzer aufgefordert wird, eine Erklärung zu unterschreiben, mit der er sich verp?ichtet, in Zukunft keine vergleichbaren Rechtsverletzungen mehr zu begehen. Wenn er diese unterschreibt und sich nicht daran hält, droht ihm die Zahlung einer hohen Vertragsstrafe. Mit solchen „Abmahnschreiben“ werden dann auch die Anwaltsgebühren vom Rechtsverletzer eingefordert. Wenn man im Recht ist, so muss der andere die Kosten auch bezahlen. Die Höhe der Gebühren richtet sich dabei nach der Schwere der Rechtsverletzung. Welche Möglichkeiten es gibt und was es im schlimmsten Fall kosten würde, kann und sollte man aber vorher mit seinem Anwalt besprechen.
Je schwerwiegender ein Rechtsverstoß ist, beispielsweise bei der Veröffentlichung von Nacktfotos, schweren Verleumdungen oder bösartigen Beleidigungen, desto eher sollte man sich überlegen, auch direkt Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten.
Es gilt also: Wie man auf eine Rechtsverletzung reagiert, sollte man davon abhängig machen, wie stark man sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt.
Urheberrechte in sozialen Netzwerken
Auch das Urheberrecht macht vor sozialen Netzwerken nicht halt. Es besteht an kreativen „Werken“, also etwa an Fotos, Musik, Videos oder Gedichten und anderen Texten. Grundsätzlich gilt: Was man selbst gemacht hat, kann man auch nutzen wie man will, solange man damit nicht in andere Rechte, zum Beispiel die Persönlichkeitsrechte anderer, eingreift. Der neue Song meiner Band, private Fotos vom Sonntagsaus?ug zum See oder das selbst geschriebene Gedicht können zumeist rechtlich problemlos ins Netz gestellt werden. Mehr noch: An kreativen Leistungen hat man (automatisch) selbst ein Urheberrecht. Damit kann man wiederum selbst entscheiden, ob auch andere die eigenen Fotos oder Texte auf ihre Webseiten stellen dürfen.
Allerdings kann auch selbst produziertes Material Urheberrechte verletzten. Klassische Beispiele sind Foto-Collagen und Video-Remixes, also Zusammenstellungen fremder Werke. Denn an den verwendeten Inhalten bestehen meist Urheberrechte. Will man sie benutzen, um sie neu zusammenzustellen oder zu remixen, muss man die Inhaber der Rechte am verwendeten Material fragen und sich die Erlaubnis dafür einholen, bevor man seine Neukomposition veröffentlicht (siehe hierzu auch den Text „Kreativ, vielfältig und meistens verboten: Remixes und Mashups“).
Das Gleiche gilt, wenn man fremdes Material in sozialen Netzwerken, in Blogs oder auf Webseiten verwenden will. Auch wenn die schönen Fotos, gut geschriebenen Texte oder Grafiken auf den Webseiten des anderen ohnehin für jedermann online zugänglich sind, ist es nicht erlaubt, sie zu übernehmen, ohne zu fragen. Es spielt auch keine Rolle, dass man mit seiner Seite bei Tumblr oder Myspace kein Geld verdient, die Übernahme also keinen kommerziellen Zwecken dient.
Das Urheberrecht stellt die nicht-kommerzielle Nutzung nicht frei. Vielmehr kommt es alleine darauf an, ob man die fremden Inhalte im rein privaten Umfeld oder in der Öffentlichkeit nutzt. Private Nutzungen sind zwar häufig erlaubt, aus rechtlicher Sicht ist jedoch eine Webseite oder ein Profil in einem sozialen Netzwerk nicht privat, sondern öffentlich. Selbst in relativ abgeschlossenen Gruppen ist das der Fall. Das Recht, Werke ins Netz zu stellen, hat in fast allen Fällen entweder der Urheber oder ein Unternehmen, das die Nutzungsrechte daran besitzt. Deswegen gilt grundsätzlich immer: Wenn’s geht, fragen (zum Beispiel per E-Mail). Wenn nicht: Finger weg.
Hochladen von Fotos, Videos und Musikdateien
Es geht rasend schnell: Die Lieblingsmusik aus seinem Musikarchiv, eine Auswahl aus der aktuellen Playlist oder aus dem iPod hochladen, einen coolen Film-Trailer oder die neuesten Skandalfotos von Promis posten und seinen Freunden und Bekannten im Netz zeigen. Doch Vorsicht! Solche Inhalte sind fast immer urheberrechtlich geschützt. Zwar ist es grundsätzlich erlaubt, die Musik oder das Video privat zu nutzen und zu sammeln oder auch seiner Mutter beispielsweise zum Geburtstag eine gebrannte CD oder DVD mit den besten Ausschnitten zukommen zu lassen.
Das gilt jedenfalls, wenn man keinen Kopierschutz umgehen muss, um die Kopie zu machen (wie er auf Film-DVDs fast immer vorhanden ist). Keinesfalls erlaubt ist es jedoch, die Musik online zu stellen oder selbst gebrannte CDs auf dem Schulhof zu verteilen oder gar (vielleicht bei eBay) zu verkaufen. Auch bei der Nutzung auf Profilseiten von sozialen Netzwerken wird der „private Kreis“, also der engere Freundes- und Bekanntenkreis, im Rahmen dessen so etwas erlaubt wäre, in aller Regel überschritten sein. Das gilt in jedem Fall, wenn sie öffentlich und jedem zugänglich sind.
Links und Bookmarks auf fremdes Material
Hier gilt: Normalerweise ist es kein Verstoß gegen das Urheberrecht, wenn ich nur einen Link auf fremde Inhalte setze, zum Beispiel einen Link auf eine andere Webseite. Das gleiche wird im Zweifel – hierzu gibt es bislang keine Gerichtsurteile – auch bei Social Bookmarks gelten, in denen Informationen durch Verlinkung geteilt und anderen zur Bewertung empfohlen werden. Denn Bookmarks und Hyperlinks sind nur – wenn auch komfortable – Quellenverweise und keine urheberrechtlich relevanten Nutzungshandlungen. Dies haben Gerichte bereits so entschieden. Dies bedeutet aber nicht, dass das auch für Videos zum Beispiel von Youtube gilt, die direkt auf der Profilseite eingebunden und von dort abgespielt werden können (Embedding). Hier ist die Rechtslage noch ungeklärt – der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung im Mai 2013 an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Zu Redaktionsschluss (November 2013) gab es dort noch keine Entscheidung. Näheres zu diesem Thema gibt es im Text „Streaming, Embedding, Downloading: Darf ich Videos in meine Webseite einbetten?“.
Was kann passieren, wenn ich gegen das Urheber- oder Persönlichkeitsrecht verstoße?
Nicht immer bekommt man bei Urheber- oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen gleich Post vom Anwalt. Im besten Fall meldet sich derjenige, dessen Rechte man verletzt hat, selbst und bittet um Entfernung der Inhalte. Dies sollte man dann auch umgehend tun. Und zwar unabhängig davon, wie die E-Mail formuliert ist oder ob sie bereits eine Drohung mit rechtlichen Schritten enthält.
Da Rechtsverletzungen auf Profilseiten zudem auch ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von sozialen Netzwerken sind, droht auch die Sperrung des eigenen Profils. Das würde bedeuten, dass alle bisher eingestellten Informationen und geknüpften Kontakte verloren gingen. Eine Neuanmeldung unter einem (anderen) Pseudonym/Nickname funktioniert in sozialen Netzwerken nur sehr bedingt, da man dort ja nur mit seinem richtigen Namen auch von anderen gefunden werden kann.
In vielen Branchen, zum Beispiel der Musik- und Filmindustrie, gehen die Rechteinhaber allerdings oft sehr strikt vor und verschicken ohne Vorwarnung Abmahnungen. Darin wird der Rechtsverstoß dargestellt, gefordert, dass die Inhalte entfernt werden und eine Erklärung („Unterlassungserklärung“) gefordert, dass man so etwas zukünftig nicht wieder tut. Zudem werden in der Regel Anwaltskosten in Rechnung gestellt.
Wenn man eine Abmahnung von einem Anwalt bekommen hat und man sich ungerecht behandelt fühlt, ist es grundsätzlich ratsam, sich so schnell wie möglich Rat zu holen – entweder bei direkt einem spezialisierten Anwalt oder bei den Verbraucherzentralen, die Sprechstunden zu bezahlbaren Preisen anbieten. Solche Profis können beurteilen, ob die Abmahnung berechtigt ist, die Forderungen angemessen sind und welche Möglichkeiten es gibt, gegen die Abmahnung vorzugehen (siehe hierzu auch den Text „Post vom Anwalt, was tun?“).
Dieser Text ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
Zuerst veröffentlicht am 14. Juli 2009, zuletzt aktualisiert am 28.11.2013 (Ergänzungen zur Rechtsprechung).